Bundeswehr-Standorte brauchen europäische Strategie – keine CDU-Nostalgie

Bundeswehr-Standorte brauchen europäische Strategie – keine CDU-Nostalgie

Zur Forderung der CDU nach einer Rückkehr der Bundeswehr nach Braunschweig erklärt der Historiker und Landtagsabgeordnete Dr. Andreas Hoffmann: „Mit ihrem Vorstoß zur Rückkehr der Bundeswehr nach Braunschweig zeigt die CDU, dass sie sicherheitspolitisch im Denken der 1980er Jahre stecken geblieben ist. Standortentscheidungen der Bundeswehr dürfen sich heute nicht an regionaler Befindlichkeit oder historischer Nostalgie orientieren, sondern müssen Teil einer strategischen Gesamtplanung im europäischen Kontext sein.

Das Argument, Braunschweig sei ‚historisch prädestiniert‘, weil es früher Garnisonsstadt oder Frontstadt im Kalten Krieg war, ist angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen geradezu absurd. Die sicherheitspolitischen Realitäten haben sich grundlegend verändert – ebenso wie die europäischen Grenzverläufe und militärischen Anforderungen. Geschichte allein ist kein Standortfaktor.

Auch das immer wieder bemühte Argument der angeblichen infrastrukturellen Prädestinierung hält einer sachlichen Prüfung nicht stand. Auf dem Mittellandkanal können keine Schiffe verkehren, die für moderne militärische Schwertransporte relevant wären. Gleichzeitig hat unsere Region – insbesondere das Harzvorland – durch den Ausbau zentraler Verkehrsachsen wie der Bahnstrecke Hamburg–Berlin in den vergangenen Jahrzehnten an strategischer Bedeutung verloren.

Hinzu kommt die ganz praktische Frage: Wo sollen neue Kasernen überhaupt entstehen? In und um Braunschweig gibt es kaum verfügbare und bezahlbare Gewerbe- oder Konversionsflächen. In Ostdeutschland stellt sich diese Frage ganz anders – sowohl mit Blick auf die strategische Lage als auch auf die Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Flächen. Die Idee, das ehemalige Kreiswehrersatzamt in der Grünewaldstraße zu reaktivieren, wirkt dabei besonders romantisierend. Das Gebäude ist abgängig, wurde in den 1930er Jahren schnell und kostengünstig errichtet und weist eine entsprechend schlechte Bausubstanz auf. Es hat gute Gründe, warum sich bislang kein Käufer gefunden hat. Die Kernaufgabe der Bundeswehr ist Landes- und Bündnisverteidigung – nicht Denkmalschutz.

Unter den Vorgaben wirtschaftlichen Handelns, die auch für die Bundeswehr trotz Sondervermögen gelten, ist eine Reaktivierung kaum vorstellbar. So viel Unverstand ist schon traurig. Regionalpatriotismus mag ein verständliches Motiv sein – aber die Sicherheit unseres Landes und seiner Bevölkerung darf nicht regionalen Interessen untergeordnet werden. Das wäre unverantwortlich. Wenn am Ende eine strategische Entscheidung im europäischen Kontext zu dem Ergebnis kommt, dass Braunschweig oder die Region eine Rolle spielen soll, ist das eine andere Frage. Diese Entscheidung muss dann jedoch faktenbasiert, strategisch begründet und verantwortungsvoll getroffen werden – nicht aus nostalgischen Reflexen heraus.