Schwarze Sonnen, Landvolkbewegungsflaggen und Strickmützen in Reichsflaggen-Optik: Rechte Symbole auf der Demo der Landwirt*innen in Braunschweig.

Schwarze Sonnen, Landvolkbewegungsflaggen und Strickmützen in Reichsflaggen-Optik: Rechte Symbole auf der Demo der Landwirt*innen in Braunschweig.

Demotag in Braunschweig. Die Bäuer*innen haben gestreikt und das auch in Braunschweig und in enormer Anzahl. Das ist auch ok so, denn es geht für Viele um den Bestand ihrer Höfe. Die Demonstration ist gut organisiert, Probleme werden mit der Polizei gemeinsam gelöst und Verpflegung gibt es auch.

Befremdlich allerdings sind die sich wiederholenden Farben Schwarz, Weiß, Rot. Einige als Strickmützen getarnte Reichsflaggen, die neben anderen der rechten Szene zugeschriebenen Bekleidungsmarken zu erkennen waren. Auch gut zu erkennen: Einige schwarze Sonnen. Ein rechtsextremistisches Symbol, das „seit vielen Jahren beliebt“[1] ist und „immer häufiger Verwendung, insbesondere auf Kleidungsstücken oder als Tattoo“[2] findet.
Die Riege der stadtbekannten Nazis hat sich unter die Menge gemischt. Diese Demoteilnehmenden möchte ich in guter Hoffnung als ebendiese rechten Trittbrettfahrer bezeichnen, von denen häufiger die Rede ist. Allerdings liegt es in der Verantwortung der Veranstalter darauf zu achten, wer sich unter die Demo mischt und gegen eben solche Trittbrettfahrer vorzugehen. So ich das feststellen konnte, blieb dies leider aus und stadtbekannte Neonazis konnten unbehelligt gegen „die da oben“ mit protestieren.

Es ist wichtig, dass die Landwirt*innen protestieren. Folgt man den Angaben der Polizei, scheint es weitestgehend zu nicht vielen Straftaten gekommen zu sein.[3] Die vergangene Woche wurde der Protest in Hannover vor dem Landtag weitergeführt.
Mittlerweile herrscht Unübersichtlichkeit. Einerseits dadurch, dass sich immer neue Kleingruppen organisieren und sich auf unterschiedlichen Ruten in die Landeshauptstadt bewegen, anderseits da die Demonstrationsteilnehmenden keine homogene Gruppe bilden. Die Bäuer*innen werden seitens einiger Bauunternehmen und der DEHOGA unterstützt, grundsätzlich wird die Einladung zur Teilnahme an „Handwerker, Spediteure und alles, was fährt“[4] ausgesprochen.

Diese Unterstützung ist wichtig, denn mit den wegfallenden staatlichen Subventionen stehen besonders kleine Höfe und landwirtschaftliche Betriebe vor dem Aus. Die grundsätzliche Ursache dafür sind aber nicht Entscheidungen der Ampelregierungen, sondern Jahrzehnte verfehlter Agrarpolitik der CDU. Gerade der Partei, die bei den aktuellen Demonstrationen sich als Retterin der Landwirtschaft gibt und gegen die Ampel wettert, obwohl sie selbst die Grundlage für die wirtschaftliche Abhängigkeit der Landwirt*innen von Subventionen geschaffen hat. Natürlich ist unser Ziel als B90/DIE GRÜNEN, dass die Landwirt*innen in Zukunft unabhängig von Subventionen gut wirtschaften können. Durch jahrzehntelange Agrarpolitik, zugunsten großer industrieller Betriebe und wirtschaftsstarker Investoren, ist das jedoch kurzfristig nicht umsetzbar. Um genau die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe bei der nachhaltigen Transformation und auf dem Weg zur wirtschaftlichen Eigenständigkeit zu unterstützen, müssen wir jetzt hinter ihnen stehen und helfen wie nur möglich.

Damit wir uns auf die Nöte der Bäuer*innen konzentrieren und hinter ihnen stehen können, soll eines klargestellt werden: Auch bei den Landwirt*innen sind Rechtsextreme weder Novum, noch kann von einer systematischen Unterwanderung die Rede sein.

Wie in allen sozialen Schichten und in allen Berufsfeldern, muss auch in dieser Branche davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Agierenden rechtem Gedankengut zugewandt ist oder sich ein solches gemein machen kann. Alles andere wäre ahistorisch und äußerst gefährlich für den alltäglichen Diskurs. Dieser Irrglaube der plötzlichen Unterwanderung muss endgültig und feldübergreifend aufgelöst werden, ansonsten fallen wir wiederholt als antifaschistische, demokratische Gesellschaft auf die Nase. Allerdings ist ein großer Teil der Landwirt*innen traditionell konservativ geprägt und steht der Union nahe. Wenn nun der Bundesvorsitzende Merz sich immer wieder die Sprache von Rechts Außen annimmt und damit rechtes Gedankengut immer salonfähiger macht, ist es wenig verwunderlich, das politische Original auch in klassisch Konservativen Kreisen anzutreffen.

Der Schreckmoment: „In XY gibt es auch Rechte?!“ ist hinderlich. Das ist, als würde man ernsthaft behaupten, dass Deutschland nach 1945 entnazifiziert wurde. Auch für die Anliegen der ehrlichen Bäuer*innen sind diese rechten Demoteilnehmer*innen pures Gift, im öffentlichen Diskurs, im Hinblick auf den Rückhalt in der Bevölkerung und natürlich innerhalb der Teilnehmenden an den Protesten. Daher ist es jedoch umso wichtiger als Demoveranstalter entsprechende rechte Demonstrat*innen auszuschließen und sich klar und deutlich gegen ihre Teilnahme zu positionieren.

Nur so bleiben die Bauerndemos, was sie sein sollen – nämlich Darstellung des Unmutes mit dem Umgang mit der Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte und den Streichungen einiger Subventionen. Dazu sollten insbesondere auch einige Symbole im Auge behalten werden, die auf vielen der Demos öffentlich dargestellt wurden und eine auch in Braunschweig gezeigte Fahne hat eine besondere Bedeutung.

Die Fahne der Landvolkbewegung Schleswig-Hollstein

Die Schwarze Fahne mit weißem Pflug und rotem Schwert. Nicht verboten, aber äußerst strittig. Die Frage um die Nutzung dieser Fahne spaltet seit Jahren die Bäuer*innen intern.[5]

Der Weißer Pflug stehe für die friedliche Arbeit der Bauern, das rote Schwert für ihre Wehrhaftigkeit. Dann ist da noch der schwarze Hintergrund. Dieser bewegt sich irgendwo zwischen der Anlehnung an die Farben der Flagge des Kaiserreichs und so wie Onno Poppinga, ehem. Professor für Ökologische Agrarwissenschaften an der ehem. Gesamthochschule Kassel, aus „Bauern, Bomben, Bonzen“ von Hans Fallada zitiert: „Das Fahnentuch ist schwarz. Das ist das Zeichen unserer Trauer über diese Judenrepublik.“[6]

Das erste Mal wurde die Flagge der Landvolkbewegung bei einem Protest 1929 mitgeführt. Was mit Boykotten, Steuerstreiks und Kundgebungen begann, endete in Bombenanschlägen und zutiefst antisemitischen, aggressiven Aufrufen, was schnell zur Aufsplittung in einen Flügel des passiven Widerstandes und einen aktiven Flügel führte.
Obgleich jeglicher Nähe zur NSDAP, kam es nie zu einer Annäherung. Aufgrund ihrer Motive hinsichtlich Völkischen Nationalismus, Antiparlamentarismus, Antisemitismus, Blut-und-Boden-Ideologie, gilt diese Bewegung allerdings dennoch als Wegbereiter für den Durchbruch der Nationalsozialisten, was an den Wahlergebnissen 1928 und 1930 abzuleiten ist.[7]
Auch wenn es eine andere Erzählung um die Landvolkbewegung gibt – eine der Solidarität der Bäuer*innen untereinander gegenüber der Regierung in schwierigen finanziellen Zeiten – kann das Symbol der Fahne der Landvolkbewegung nicht unabhängig von ihrer rechtsextremen Ideologie betrachtet werden.

Sowohl 2021 während der „Berliner Woche“[8], als auch bei der Behinderung der Fähre, auf der Robert Habeck sich befand[9], konnte dieses Symbol gesehen werden. Gleiches gilt für die bundesweiten Protestaktionen.

Ein Foto der Fahne von der Braunschweiger Demo, könnt ihr euch in der Bildergalerie von News 38 anschauen!

Viele Veranstalter der Demos und die Präsidenten der Verbände grenzen sich zwar deutlich von Rechten in den eigenen Reihen ab, aber darüber hinaus geschieht nichts. Letztlich werde ein romantisiertes Bild der Landwirtschaft gezeichnet. [10]

Als Gesellschaft müssen wir erkennen, dass Rechte überall zu finden sind. Zu erst scheint das zu erschrecken, aber mit dieser Realisierung kann der Kampf gegen Hetze, Feindlichkeit und nationalsozialistischen Gedankengut effizienter und nachhaltiger stattfinden.

Für einen guten Überblick über verfassungsfeindliche Symboliken, hat der Verfassungsschutz eine freizugängliche Publikation zur Verfügung gestellt.


[1] Bundesamt für Verfassungsschutz (Hg.): „Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen“, 2022, S. 69, https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/rechtsextremismus/2022-02-rechtsextremismus-symbole-zeichen-organisationen.pdf?__blob=publicationFile&v=13 (Zuletzt eingesehen am 11.01.2024).

[2] Ebd.

[3] Ahlers, Michael und Hendrik Rasehorn: „Bisher knapp 200 Straftaten bei Agrar-Protesten in Niedersachsen – 111 Nötigungen und 49 gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr“, Braunschweiger Zeitung Nr. 9, vom 11 Januar 2024, S. 1. https://emag.braunschweiger-zeitung.de/titles/wzwolfenbuettelbraunschweig/11467/publications/1374/pages/1 (zuletzt eingesehen 11.01.2024).

[4] Schweiger, Andreas und Rasehorn, Hendrik: „VW und Salzgitter AG von Blockaden und Streik bisher unberührt“, ebd. https://emag.braunschweiger-zeitung.de/titles/wzwolfenbuettelbraunschweig/11467/publications/1374/pages/1/articles/1964691/1/2 (zuletzt eingesehen 11.01.2024).

[5] Deter, Alfons: „Ärger nach Protestaktion: Bauern stellen Fahne der Landbewegung nach.“, Top Agrar online, 15.06 2020, https://www.topagrar.com/panorama/news/aerger-nach-protestaktion-bauern-stellen-fahne-der-landvolkbewegung-nach-12086300.html (Zuletzt eingesehen am 11.01.2024).

[6] Poppinga, Onno: “Worum geht es beim Krach um die schwarze Fahne?“, Unabhängige Bauernstimme, 14.03.2021, https://www.bauernstimme.de/news/details/worum-geht-es-beim-krach-um-die-schwarze-fahne (Zuletzt eingesehen am 11.01.2024).

[7] Poppinga, Onno: „Bauern und Politik“, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main/Köln 1975, S. 166.

[8] Deter ebd.

[9] Fuchs, Christian und Pausch, Robert: „Wer organisierte die Blockade gegen Habeck?“, Zeit Online vom 10. Januar 2024, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-01/bauern-schluettsiel-habeck-rechte-demonstration/komplettansicht (Zuletzt eingesehen am 11.01.2024).

[10] Speit, Andreas: “Eiserne Kreuze und Grüne am Galgen“, Taz online vom 09.01.2024, https://taz.de/Rechte-Symbolik-bei-Bauernprotesten/!5982308/ (Zuletzt eingesehen am 11.01.2024).

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